BLOG POST #4

Die Krise muss der Anfang einer neuen Form von Kreativität und Kommunikation sein

Eines der furchtbarsten Statements unserer Branche zur Krise, das ich in den letzten Tagen gelesen habe, war die Begründung der offiziellen Absage der Cannes Lions: “Cannes Lions at its core has always been about creativity and the Lions. We realise that the creative community has other challenges to face, and simply isn’t in a position to put forward the work that will set the benchmark.“ (Philip Thomas, Chairman, Cannes Lions)

 

Wirklich? – Kann es wahr sein, dass ausgerechnet wir als Kommunikationsexperten gerade jetzt nicht in der Lage sind, Arbeiten zu produzieren, die Benchmarks setzen? – Wir können nicht nur, wir müssen. Denn gerade jetzt ist es Zeit, die Dinge zu überdenken, die schon lange nicht mehr zeitgemäß waren und neue Benchmarks zu setzen, an denen kreative Exzellenz und großartige Kommunikation gemessen werden. Und dazu gehört als Erstes, vom hohen Ross des Eigenlobs herunterzukommen.

 

Bleiben wir einen Moment bei Cannes Lions. Die Wettbewerbsbudgets der Agenturen für opulente Festivals verursachen jedes Jahr Kosten mit denen man ganze Dörfer luxuriös für Jahre ernähren könnte. Am Beispiel von Cannes: Das Festival kostet zwischen 8.000 bis 20.000 US-Dollar pro Person, einschließlich Festivalausweise, Unterkunft und Betriebskosten. Dazu kommen bis zu 3 Millionen US-Dollar, um Kampagnen einzureichen, die für Auszeichnungen in Betracht gezogen werden sollen – Events und Jachten nicht mit eingerechnet. Alles für die Selbstbehudelung mit Spots, die viel Aufsehen erreichen, aber selten abverkaufen. Die Rationale: Wir brauchen Preise, damit Kunden wissen, wir sind kreativ. Wenn das die Benchmark unserer Arbeit ist – dann hat Thomas mit seiner Aussage absolut recht – der Umkehrschluss ist aber nicht, wir brauchen kein Festival, sondern:

Wir brauchen neue Benchmarks, die Kreativität und Kommunikation bemessen

Die Welt nach der Krise wirft die eine Frage auf: Stehen wir vor einem Jahrzehnt zerbrochener Budgets und Kunden, die von technologiegetriebenen Ergebnissen besessen sind, oder ist das Feld weit offen für positivere, kollaborative Veränderungen?

 

In der Welt von gestern schrien alle nach Purpose – in der Krise zeigt sich jetzt, fast keiner hat verstanden, was Purpose eigentlich bedeutet.

 

Ein paar gute Beispiele besonders im Ausland gibt es schon: Was haben ein Luxus Fashion Designer, eine Jeansmarke und ein Kondomproduzent gemeinsam? – Den Mut trotz einbrechender Budgets zu kommunizieren und gesellschaftliche Relevanz zu erzeugen, die noch lange nach dieser Krise unvergessen bleiben wird:

 

1. Mit gutem Beispiel voran geht hier in der Königsklasse Armani, der nicht nur einen Teil seines Privatvermögens spendet und sofort seine Produktion auf medizinische Overalls umstellt, sondern die Zeit jetzt auch nutzt, um eine nachhaltige Modeagenda zu pushen.

 

2. Levi‘s verbreitet auf Instagram nun jeden Tag um 17:01 live Wohnzimmerkonzerte lokaler Künstler, die nicht nur Fans der Marke erfreuen, denn, statt zu sparen, spendet Levi‘s einen nicht unwesentlichen Betrag an Hilfsorganisationen, die die Künstler selbst wählen dürfen.

 

3. Und was macht eigentlich eine Marke, die ihr Geld mit Körperkontakt verdient? Trojan Condoms geht mit einer beispielhaften Kommunikation voran. Unter den Hashtags #TrojanCondoms und #SextUsInstead fordern sie Einzelpersonen dringend dazu auf, mit dem Emoji „🍆“ in ihre Twitter-DMs zu schlüpfen, um ein kostenloses Personal Lubricant oder einen Vibrator zu erhalten, um dem Drang zu widerstehen, das Haus zu verlassen und in diesen schwierigen Zeiten etwas Selbstliebe zu zeigen.

 

Aber zurück zu uns, den Kommunikationsexperten. Jetzt ist die Zeit, die Agentur zu bauen, die der Markt wirklich braucht. In dieser Agentur treffen sich: Data Analytics, Innovation, Experience Design, Business Transformations-Strategen und Media Analysten. Kreation wird eine viel wichtigere Rolle einnehmen, denn es wird nicht mehr um „Aufmerksamkeit um jeden Preis“ gehen, reine Produktkommunikation wird noch eine Weile eine untergeordnete Rolle spielen und Markenkommunikation wieder einen viel höheren Stellenwert einnehmen. Ideen werden jetzt und in Zukunft weitaus komplexer sein und müssen vor allem tagesaktuell relevant sein. Das kreative Modell wird partizipativ sein. Der Kern des „Kreativteams“ wird nicht mehr nur aus Copywriter und Designer bestehen – einem Relikt aus der Print Ära.

 

Die Zukunft der Kreativität heißt Kollaboration, Mut und Flexibilität für die Marke und die Agentur.

 

Wenn Sie glauben, dass nach der Krise die Karten neu gemischt werden, ist es umso wichtiger, bereits in der Krise den Kurs zu ändern und zu zeigen, dass wir als Agentur gerade jetzt für unsere Kunden da sind, und zwar egal was die Wirtschaftslage oder das Bankkonto gerade sagen. Denn eins hat sich nicht verändert. Wir haben immer noch unsere Erfahrung, unsere Kreativität und unser Know-How und das müssen wir jetzt zum Wohle unserer Gesellschaft und unserer Kunden einsetzen.

Wir bei Videobeat haben im ersten Schritt drei Dinge getan:

1. Wir schreiben proaktiv unsere eigenen Pitches

Der Druck wird auch nach der Krise relevant bleiben. Lange Pitchprozesse wird sich kaum einer leisten können weder auf Kunden- noch auf Agenturseite. Deshalb haben wir nun die einmalige Chance, die Zeit zu nutzen und den Pitchprozess einmal umzudrehen. Wir bieten Kommunikationsworkshops „at cost“ für Marken, die es nicht nur brauchen, sondern auch wirklich ernst meinen. Dafür haben wir ein interdisziplinäres Team aus hochkarätigen Marken-, Media- und Kommunikationsexperten aus unserem gesamten Netzwerk zusammengestellt, um Marken- und Kommunikationsstrategen zu challengen und schnell prototypische Ansätze für jetzt und später zu bauen.

 

2. Wir haben ein #stayathome Produktionskit entwickelt

Die Revolution klassischer Produktionsprozesse war längst überfällig. Die Krise hat uns gezeigt, was smarte Produktion heute heißt. Aus diesem Grund haben wir bei Videobeat die Remote-Produktion ins Leben gerufen, die es uns ermöglicht, auch in Zeiten von Corona und den damit verbundenen Drehrestriktionen kreative Werbespots zu produzieren. Über einen Livestream können unsere Kunden auch von Zuhause aus an dem Dreh teilnehmen und sowohl das Set als auch das Live-Bild der Kamera aus ihren eigenen vier Wänden verfolgen. Das schützt die Gesundheit, erspart Reisekosten und in vielen Fällen auch Zeit. Unsere Kreativabteilung ist somit für die Krise gewappnet und bleibt handlungsfähig. Und wir glauben, dass viele der Kunden auch noch lange nach der Krise dieses Angebot annehmen werden.

 

3. Wir haben unsere BI krisentauglich gemacht.

Nichts ist so wichtig, wie zu wissen, wo und wie wir Konsumenten erreichen – soweit hat sich nichts geändert. Doch Corona hat den gesamten Medienkonsum, wie wir ihn kannten, auf den Kopf gestellt. Zielgruppen verschieben sich massiv, die Relevanz ganzer Medienkategorien ändert sich drastisch. Wer jetzt kommuniziert, muss tagesaktuelle transparente Daten habe, auf die er sich verlassen kann. Und wir können das alles über unsere neue BI in Real Time sichtbar machen und das Wissen mit unseren Kunden aber auch anderen Agenturen teilen.

 

Zurück auf Anfang: Sind wir nicht in der Lage, in der Krise Arbeiten zu produzieren, die Benchmarks setzen? – Wenn nicht jetzt, wann dann? – Mit Kollaboration und Mut können wir jetzt die (Kreations-)Welt von morgen schaffen, die wir uns schon seit Jahren gewünscht haben.

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